Schauspiel
„Der Mensch ist nicht bloß ein Zuschauer der Welt, sondern er ist Schauplatz der Welt, auf dem sich die großen kosmischen Ereignisse immer wieder und wieder abspielen.“ Rudolf Steiner
Schauspiel war ursprünglich - wie alle Künste - ein Kultus, ein rituelles Ereignis, eine Art Gottesdienst.
Geblieben ist die Geistesgegenwart, ein Erhoben-Sein, das sowohl die Akteure, sowohl die spielerisch handelnden Menschen auf der Bühne, als auch die schauend mitempfindenden Menschen, enthusiasmiert - begeistert, vergöttlicht.
Theater ist ein magischer Ort und die Schauspiel Methode von Michael Tschechow ist ein zeitgemäßer Schulungsweg, sich den Phänomenen dieses magischen Ortes zu nähern: durch Achtsamkeit, Selbstlosigkeit und herzhaften Humor. Die Autobiographie Tschechows ist durchtränkt vor allem von letzterem und immer wieder heisst es in seinen Lektionen: „mit Leichtigkeit“.
Mit Humor ist nicht Klamauk gemeint und mit Leichtigkeit nicht Teilnahmslosigkeit. Eher das Gegenteil ist der Fall.
Nur durch Leichtigkeit und Durchlässigkeit kann der Mensch sich spielend allem anverwandeln, TEIL NEHMEN an den Dingen, sie als Botschaft vernehmen. Von diesem Vernehmen kommt auch das Wort „Vernunft“. Mit der Leichtigkeit kommt also auch der Mut, sich den Dingen anzuvertrauen, sich zu verbinden mit der Welt. Humor verhilft zunächst wieder zu mehr Abstand von den Dingen und sich selbst, damit aber auch zu bedingungsloser Offenheit, sich auf zunächst scheinbar „Unverdauliches“ einzulassen, zu bejahen.
Gerade Widerstände und Nullmomente sind es ja, an denen wir Fähigkeiten gewinnen und andere Sichtweisen des Lebens. Wir gelangen zu neuen „Schauungen“, die wir - auf welcher Bühne auch immer - neu bespielen können.
Die geniale Kurzformel der künstlerischen Methode Michael Tschechows „Konzentration - Imagination - Intuition“ chiffriert einen Schulungsweg der Ausbildung geistiger Organe, die jedem Menschen zur Verfügung stehen und darauf warten entdeckt und fruchtbar tätig zu werden. Durch die Chance und Herausforderung virtueller Realität, die mehr und mehr unseren Alltag bestimmt, wird die Frage nach Wirklichkeitsschöpfung existenziell. Wird das Maß unserer Kultur weiterhin ausschließlich formalisiertes Wissen sein, binär beschränkt auf Regelgebrauch und Berechenbarkeit?
Oder finden wir zu neuen Quellen der Inspiration, die unser somatisches Wissen, unsere Intuition miteinbeziehen, so dass wir fühlwissende, imaginativ Schauende werden?
Dieses Wissen ist ein mit der Welt verbindendes, Liebekräfte erzeugendes.
In diesem Sinne klingt das berühmte Zitat Max Reinhardts über Michael Tschechow noch geheimnisvoller:
“Ein Stern in unmittelbarer Nähe des Herzens.“